3 Gründe, warum du als UX Design Anfänger deinen Prototyp immer auf Papier beginnen solltest

Ux Designer sitzt an einem Schreibtisch und zeichnet etwas mit der Hand auf Papier

Vermutlich wird dir das kaum jemand mehr sagen. Und die Welt der Tools geht sowieso davon aus, dass du alles digital machst. Deshalb sage ich es dir, weil ich weiß, dass dir sonst etwas Wichtiges verloren gehen könnte. Aber lies erstmal weiter…

Gerade wenn du noch neu im UX Design bist und noch nicht so viel Erfahrung aus Projekten und mit Tools hast, ist das Skizzieren auf Papier wirklich sinnvoll. Und dabei geht es nicht darum, möglichst schöne Linien zu zeichnen. Es geht in Wirklichkeit darum, dass du die Unmittelbarkeit zwischen dem, was dir im Kopf umhergeht und dem, was deine Hand zeichnen kann als mächtiges und direktes Werkzeug begreifst.

Papier ist für den Menschen das älteste abstrakte Medium und es kann Gedanken wunderbar aufnehmen, gleichzeitig reagiert es wie ein Spiegel und Filter. Die eigenen Ideen auf Papier zu sehen, ist in der Schöpfung der erste Schritt zur Konkretisierung und die Fähigkeit, ich-zentriert zu arbeiten.

1. Grund: Deine Gedanken, deine Hand, dein Stift

Vielleicht haben wir in all der Digitalisierung mit ihren herrlichen Tools und Möglichkeiten eines vergessen: Dass der Prozess einer Schöpfung nicht durch Perfektionismus gestört werden sollte. Wenn da das Blatt ist und deine Bilder und deine Hand, dann musst du diese Bilder zeichnen. In dem Moment erschaffst du. Und ich empfehle dir sogar, nicht einmal einen Radiergummi dabei zu haben. Ach, zeichne einfach mit dem Kugelschreiber!

Erlaube dir den Flow genauso wie das Stocken. Erlaube dir den sichtbaren Fehler (in Form eines unrichtigen Strichs oder mehrerer), ohne dabei zu kritisieren. Du hast dich nicht verzeichnet, du hast erschaffen und der erste schiefe Strich gehörte zum Prozess.
Lerne, dass der Prozess ein Ergebnis bringen wird – und kein Ergebnis ist.

Es ist so verführerisch, auf dem iPad zu skizzieren oder auf einem großen miro Board. Ich weiß. Und du darfst es auch tun, wenn du schon öfter ein Gott warst, der seinem Schöpfungsprozess vertraut. Aber so lange du noch suchst, suche mit den einfachsten Mitteln. Weil du da nichts wegmachen, korrigieren, vertuschen kannst. Und nicht sollst.

Im Scribbeln mit der Hand lernst du den Prozess. Und dass er nie perfekt ist. Egal, was dir alle anderen suggerieren. Alle die, die du so bewunderst. Bullshit.

2. Grund: Ein Tool lenkt dich ab, immer

Du meinst vielleicht, ach, so ein digitales Tool, das ist doch viel effizienter, wenn ich es gleich dadrin mache. Naja. Später schon, am Anfang lenkt es dich nur ab. Weil du es vielleicht noch nicht kennst, weil du die Funktionen nicht kennst, weil dein Rechner oder iPad hakt oder mit dir quatscht oder das Internet wieder lahm ist und deinen wertvollen Schöpfungsimpuls unterbricht.

Lass das. Geh da erst gar nicht hin.

Keine Nachricht, Benachrichtigung, Hakeln und Unkenntnis sollen dich ablenken. Dein Geist ist doch eh schon aufgeregt, weil du Bilder und Ideen darin aufsteigen spürst, die raus müssen. Wie kannst du dich da in ein Feld begeben, in dem du unterbrochen werden könntest?

Nimm das Papier, deinen Freund, und lass dich darauf aus. Alles muss raus. Du setzt den wichtigsten Schritt im Projekt, auch wenn du das noch nie so gesehen hast. Wenn du fertig bist, weißt du, dass es geht. Du weißt, dass ab jetzt nur noch die Fleißarbeit beginnt.

3. Grund: Ein Tool bestimmt die Form – und die war vielleicht nicht die, die du im Kopf hattest

Es ist eben auch nicht egal, ob du ein Rechteck in miro oder in Sketch oder in Figma zeichnest. Ja, am Ende ist da ein Rechteck. Aber auch der Weg dorthin ist in jedem Tool etwas anders. Und der Weg hat durchaus eine Wirkung auf das Ergebnis.

Erst wenn du losgelöst bist und deine Handskizzen vor den Augen hast, solltest du übergehen zu dem Tool, mit dem du am einfachsten arbeiten kannst und deine Ideen aus der Handskizze in das Tool übersetzen.

Und das ist schon ein so unglaublich anspruchsvoller Prozess!

Schau dir mal an, was du in dem Moment alles leistest: Du siehst dir deine Skizze an, schiebst den Perfektionismus zur Seite, du verstehst, was du damit gemeint hast (die Skizze ist ja ein Produkt der Vergangenheit und du, jetzt, bist in der Gegenwart – was hat sich in den letzten Minuten nicht schon alles verändert!) und wie du es in das Tool bringst. Und dann natürlich im Tool so formatierst, damit es deinem Bild im Kopf nahe kommt. Die Handskizze war die Erinnerung, die Stütze, die Brücke.

Jetzt erscheint dein mentales Bild in der Realität in der teilbaren digitalen Welt. In der Welt der Vergleiche. Jetzt geht alles auf. Jetzt beginnt die Kunst, dich auf das zu fokussieren, was du tun wolltest. Und jetzt bist du in der Hölle der Ablenkungen.

Viel Erfolg.